« Das ist ja nicht einmal ein Wirtshaus! » war einer der Kritikpunkte (übrigens geäußert aus den Reihen ortsansässiger Gastronom*innen), mit dem sich Kira Saskia Schinko konfrontiert sah, als sie mit ihrer Wirtshaus Show in der gastfreundlichen Pension von Gina Brandlmayr in Unterach am Attersee Station machte. Wer den Titel nicht nur wörtlich nimmt, sondern das ambitionierte Konzept der einzigartigen Wirtshaus Show ein wenig kennt, weiß längst, dass es Kira um sehr viel mehr geht als an ausgewählten Orten der Kulturhauptstadt-Region ein buntes Feuerwerk von Unterhaltung zu zünden: Auch die Probleme, die Einheimischen, Gästen und Wirtsleuten gleichermaßen unter den Nägeln brennen, gehören auf den Tisch, sind sie doch wesentlicher Teil der Reise auf der Suche nach einer neuen, zeitgemäßen Wirtshaus-Kultur.
Solch neue Perspektiven erfordern andere, manchmal ungewohnte Blickwinkel. Daher führte Kira Saskia Schink Publikum und Gäste ihrer dritten Wirtshaus Show ganz bewusst an einen außergewöhnlichen Ort, den Gina Brandlmayr nach einem Kunststudium in Wien, ausgedehnten Reisen durch die ganze Welt mit kulinarisch lehrreichen Zwischenstopps in Paris und Bangalore für sich entdeckt und ganz im Sinne der Gastlichkeit neu erfunden hat: ein offenes, freundliches Miniaturreich für sich, das als Frühstückspension, Veranstaltungszentrum und manch anderen Etiketten dennoch unzureichend definiert wäre. Während andernorts über Personalmangel geklagt wird, packten hier Freunde und Stammgäste wie selbstverständlich mit an, um das Besondere zu ermöglichen.
Vom Team der Pension Hanslmann kulinarisch verwöhnt startete das Publikum in ein fulminantes Programm, welches an diesem Abend in besonderem Maße von Musik dominiert wurde. Für ausgelassene Stimmung sorgte vor allem ein Hitquiz, bei dem Besucher*innen singen und Gäste raten durften. Da man sich nicht im Wirtshaus befand, fiel es leichter, auch einmal das Unbehagen der Wirtshaus-Besucher*innen in der heimischen Szene zu thematisieren und über manch schlechte Erfahrung zu berichten.
Mit den beiden Musikschaffenden Christl und Cesár Sampson an ihrer Seite gewann Kira Saskia Schinko die Erkenntnis, dass das etablierte Musik-Business an ähnlichen Problemen krankt wie die Wirtshauskultur. In beiden Branchen herrscht eine gewisse Müdigkeit und ein bedauerlicher Mangel an Vielfalt. Es fehlen Räume und Rahmen für überlebensnotwendige Experimente während das ewig Gleiche der Erschöpfung entgegenläuft. Doch derlei besinnliche Zwischentöne bleiben in der allgemeinen Freude und herzhaftem Lachen des Publikums nur jenen in Erinnerung, die selbst nach neuen, kreativen Wegen suchen - für das Wirtshaus oder für sich selbst.
Fotos Galerie von (c) Veronika Philipp Photography